Bretagne

 Bretagne
Über die Bretagne

Der Frühling ist in der Bretagne wärmer als in der Umgebung von Paris, und es blüht dort alles schon drei Wochen früher. Die Schwalbe, der Pirol, der Kuckuck, die Wachtel und die Nachtigall, diese fünf Vögel, die den Frühling ankündigen, kommen zusammen mit den Brisen, die in den Buchten der armorikanischen Halbinsel beheimatet sind.
Die Waldlichtungen schmücken sich mit hohen eleganten Farnen; Ginsterbüsche prangen in strahlender Blütenpracht, die man für goldene Schmetterlinge halten könnte. Die Hecken, unter denen eine dichte Fülle von Erdbeeren, Himbeeren und Veilchen hervorspriesst, sind mit Weissdorn, Geissblatt und Brombeeren geziert, deren braune gebogene Schösslinge Blätter und herrliche Früchte tragen. Alles wimmelt von Bienen und Vögeln, deren Schwärme und Nester die Kinder auf Schritt und Tritt zum Stehenbleiben veranlassen. Wie in Griechenland wachsen Myrte und Oleander auf freiem Feld; die Feige reift wie in der Provence; mit seinen rötlichen Blüten gleicht jeder Apfelbaum einem grossen bäuerlichen Brautstrauss.
Noch heutzutage bewahrt sich das Land seine ursprünglichen Züge. Von baumbestandenen Gräben durchzogen gleicht es aus der Ferne einem Wald und erinnert an England; hier war die Heimat der Feen. Enge Täler werden von kleinen, nicht schiffbaren Flüssen bewässert. Diese Täler sind durch Heideland und dichtes Stechpalmengebüsch von einander getrennt. An den Küsten reihen sich die Leuttürme und Wächterhäuser aneinander, Dolmen, römische Bauwerke, mittelalterliche Schlossruinen und Kirchtürme aus der Renaissance: All das wird vom Meer umschlossen.
François René Chateaubriand


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